Der große KS 6 SE
Ich erinnere mich aber sehr gut daran, dass damals links im Eingangsbereich so eine Art Pforte oder Zentrale mit allerhand elektrischen Einbauten gewesen ist und dort saßen bei einem der Besuche zwei in weiß gekleidete junge Männer - weißes Poloshirt, weiße Hose, Tennissocken und weiße Clogs; so ähnlich wie die Jungs in der Schwarzwaldklinik. Es war warm - es muss August 1993 gewesen sein - die Tür stand offen und gab den Blick frei auf einen riesigen GLORIA KS 6 SE in der letzten Version der neuen Generation unter der DIN 14406 mit schwarzem Tragegriff und dem davon sehr weit abstehenden roten Druckhebel. Wer sich mal gefragt hat, warum die Armatur so sperrig ist: Zwischen Tragegriff und Druckhebel befindet sich das Sicherheitsventil mit Berstscheibe und das macht diese Armatur besonders, denn so etwas hatte es vorher nie gegeben und später auch nie wieder. Ein wahres Monster, über 1 m hoch in der Stahl-Variante und ich glaube, dass ich diesen Typ dort das erste Mal gesehen habe. Mega, dieses Gerät und auch den wünschte ich natürlich gern zu besitzen damals. Wie bei dem KS 6 S aus der Heizzentrale ein paar Jahre zuvor.
Grundsätzliche Ausstattung Anfang der 1990er Jahre
Ansonsten ist mir noch sehr präsent, dass am Anfang der Flure auf der linken Wand immer zwei Feuerlöscher hingen - und zwar nebeneinander ein ABC-Pulverlöscher GLORIA Typ Pn 6 G und rechts daneben ein Kohlendioxidlöscher GLORIA Typ KS 2 SBS - in Etwa so, wie wir es hier links sehen.
Dass diese beiden Geräte genau in der Reihenfolge hingen, ist völlig unstrittig, doch ob es jetzt wirklich am Anfang der Flure war… Ich meine schon. Zumindest in den Fluren, wo ich damals gewesen bin. Bei Pulverlöscher und Krankenhaus werden jetzt viele wahrscheinlich die Nase rümpfen - zurecht, das tue ich in der heutigen Zeit auch, aber man soll es nicht meinen: Es gibt in den 2020er Jahren tatsächlich noch Krankenhäuser, wo Pulverlöscher auf den Fluren hängen. Ein Wahnsinn, denn mit 1x drücken kann je nach Ausstattung ein Schaden von mehreren 10.000 € entstehen.
Pulver war Standard
Damals vor über 30 Jahren war das Löschmittel Pulver jedoch Standard - im Supermarkt, in der Schule und natürlich auch im Krankenhaus. Es gab zwar in den 1980er Jahren auch wieder Schaumlöscher, doch die waren teuer in der Anschaffung und teuer im Unterhalt, sodass sie kaum am Markt vertreten waren. Ich habe gerade mal überlegt, wo ich als Kind in den 1980er und frühen 1990er Jahren mal einen DIN-Schaumlöscher gesehen habe… nirgendwo. Wenn irgendwo eine Alternative zu einem Pulverlöscher her musste, dann wurde in der Regel auf Wasserlöscher zurückgegriffen. Obwohl die Leistung im Vergleich zu Pulver deutlich geringer war, kamen sie in Schulen oder Verwaltungen häufiger zum Einsatz - das habe ich zum Beispiel damals an meiner alten Schule, dem Ostendorf-Gymnasium selbst erlebt. Dort gab es einen Wasserlöscher im alten Osttrakt vor dem markanten Übergang zum Mitteltrakt. Aber Wasserlöscher in einem Krankenhaus… da war man skeptisch und ich habe dort auch noch nie einen gesehen. In Krankenhäusern kommen große Mengen brennbarer Flüssigkeiten der Brandklasse B zum Einsatz und es gibt Unmengen von Schaumstoffen und anderen Kunststoffen… da kommt ein reiner Wasserlöscher nicht gegen an.
Hinzu kommt, dass es bis zur Ablösung der deutschen DIN 14406 durch die Euronorm EN 3 im Jahre 1993 (de facto am Markt wahrscheinlich nicht vor 1994) die Schaum- und Wasserlöscher ausschließlich mit 10 l Inhalt gab und sie dementsprechend schwer und klobig waren. Hier links sehen wir einen zeitgenössischen Wasserlöscher nach DIN mit 10 l Inhalt - Wasser + Netzmittel ergibt 10,3 kg Netto-Löschmittelmasse plus Behälter und Anbauteile - so ein Ding ist wirklich groß und schwer und kratzt an der 18 kg-Marke. Da war ein Pulverlöscher mit nur 6 kg Inhalt und einem Gesamtgewicht um 10 kg deutlich einfacher zu handhaben und zudem auch deutlich effektiver. Die benutzte Pn-Variante, s. o., war durch den rückseitig am Behälter verlaufenden Schlauch auch einer der kompaktesten Feuerlöscher seiner Zeit und bot wahrscheinlich das beste Preis-Leistungsverhältnis. In vielen städtischen Gebäuden sowie in Parkhäusern war der Pn auch zu finden.
Ein Hauch von Erstausstattung
Um also alle in einem Krankenhaus vorherrschenden Brandgefahren sicher mit einem Handfeuerlöscher abdecken zu können, blieb den damals Verantwortlichen im Prinzip wahrscheinlich gar nichts anderes übrig, als der Einsatz von Pulverlöschern. Wenn man bedenkt, dass das Gebäude ursprünglich aus den 1960er Jahren stammt, kann eigentlich von Seiten des Brandschutzkonzeptes damals auch nichts anderes gefordert worden sein. In den 1960er Jahren gab es auch überhaupt keine Schaum- und Wasserlöscher, da diese so ziemlich herstellerübergreifend ab 1959 vollständig durch die leistungsstarken, verhältnismäßig günstigen, pflegeleichten und universell einsetzbaren Pulverlöscher verdrängt wurden. Zudem war der Begriff „Löschmittelschäden“ bei den Versicherern bis Anfang der 2000er Jahre noch nicht wirklich im Vokabular. Hier links sehen wir einen GLORIA Pn 6 G aus den späten 1960ern und genau ein solches Modell hätte zur Erstausstattung gehören können. Ich habe auf einer Station GLORIA-Standardhalterungen aus der Zeit von 1965-1972 entdeckt - zwar gekürzt und neu aufgehängt, weshalb man anzweifeln muss, dass das der originale Standort ist - aber trotzdem ein Hauch von Erstausstattung. Was da allerdings ursprünglich für Löscher dranhingen, weiß ich leider nicht. Kohlendioxidlöscher bzw. Kohlensäure-Schneelöscher, wie sie bis 1979 hießen, waren es nicht, denn die hatten andere Halterungen - auch die großen K6. Dieser alte Pn von 1969 dient nur als Beispiel. Es könnten auch Pi dort gewesen sein, aber ich weiß es wie gesagt leider nicht.
Vielleicht auch in weiß, denn bis etwa 1970 wurden in Krankenhäusern durchaus auch weiße Feuerlöscher installiert. Warum? Nun, man war der Ansicht, dass ein knallroter Feuerlöscher auf einer weißen Wand Körper und Geist soweit in Unruhe versetzen könnte, dass dadurch unter Umständen die Genesung beeinträchtigt wird… Verrückt… mir geht es so, wenn ich einen weißen Feuerlöscher mit knallrotem Aufdruck sehe… aber gut, so war das damals. Hier links sehen wir einen solchen Exoten vom Typ Pi 6 G aus der zweiten Hälfte der 1960er Jahre. Privatpersonen bzw. im Prinzip jeder, der solch ein Modell in weiß haben wollte, konnte diese Ausführung auch kaufen für Gewerbe oder privat. Ich meine irgendwo in einem alten Prospekt mal gelesen zu haben, dass ein Gerät in weiß 2 DM teurer war, als eines in rot. Muss ich nochmal gucken bei Gelegenheit, wo ich das gesehen habe. Wie gesagt: die weißen Modelle gab es bis etwa 1970 und somit kann es durchaus sein, dass die Erstausführung der Standard-Pulverlöscher in der Farbe weiß gewesen ist.
Kohlendioxid löscht rückstandsfrei
Dass sich allerdings allem Standard zum Trotz über die Themen Löschmittelschäden und dadurch verursachte Ausfälle mitunter lebensrettender Geräte Gedanken gemacht wurden, zeigt die Tatsache, dass zumindest ab 1990 dem Pulverlöscher ein vollkommen rückstandsfrei löschender Kohlendioxidlöscher zur Seite gestellt wurde. Der benutzte Typ KS 2 SBS wurde erst 1990 zugelassen. Ob vorher auch schon eine Kombination aus Pulver und Kohlendioxid vorgehalten wurde, kann ich nicht sagen. Aus originalen Bauunterlagen anderer Krankenhäuser aus den 1970er Jahren weiß ich, dass das Löschmittel Kohlendioxid nur in OP- und EDV-Bereichen eingezeichnet war und möglicherweise ist es hier ähnlich konzipiert gewesen und die Kohlendioxidlöscher kamen später hinzu. Gut mitgedacht auf jeden Fall, denn wenn wirklich nur eine Kleinigkeit kokelt oder an irgendeinem Gerät - sei es irgendetwas aus der Medizintechnik oder der Fernseher im Patientenzimmer - ein Kabel schmort, kann das mit dem Löschmittel Kohlendioxid ohne jeglichen weiteren Schaden wortwörtlich ausgepustet werden. Vor gar nicht allzu langer Zeit war ich beruflich in einem Klinikum und habe dort zusammen mit meinem Kollegen auf Geheiß der Versicherung sozusagen an bestimmten Einrichtungen wie Unterverteilungen, ELA, Aufzugsmaschinenräume und dergleichen insgesamt über 30 Kohlendioxidlöscher nachgerüstet. Ich bin mir fast sicher, dass ich damals diesen Typ KS 2 SBS auch zum ersten Mal im EVK gesehen habe.
Die ASR fordert Schaumlöscher
Die Arbeitsstätten-Richtlinien in ihrer letzten Fassung von 1976 wurden 2004 durch die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) abgelöst und diese fordern, dass bei der Auswahl der eingesetzten Feuerlöscher die Folgen von Löschmittelschäden zu berücksichtigen, d.h. so gering wie möglich zu halten sind. Seit gut 20 Jahren ist es daher so, dass standardmäßig Schaumlöscher eingesetzt werden, da diese die in den meisten Bereichen vorherrschenden Brandgefahren durch Stoffe der Brandklassen A und B sicher beherrschen und den dabei geringsten Schaden verursachen. Schaum ist ein punktuelles Löschmittel - es wird nur der Brandherd selbst verschmutzt. Die modernen Schäume sind auch deutlich leistungsfähiger als die aus den 1980er Jahren und die 1993 neu eingeführte EN 3 ermöglichte zudem den Einsatz von handlichen 6 l Schaumlöschern - anstatt der dicken Eimer mit 10 l Inhalt und fast 20 kg Einsatzgewicht. Das Bild hier links zeigt den aktuellen Standard mit zwei Schaumlöschern auf dem Flur, wie hier links im Originalbild von mir selbst fotografiert am 01.11.2025. Kohlendioxid gibt es hier nicht mehr.
Ich wiederhole noch einmal, dass das EVK in den frühen 2000er Jahren umfassend saniert, um-, an- und ausgebaut wurde und im Zuge dessen zogen vermutlich die ersten modernen Schaumlöscher des Typs SKK 6 LW ein, so wie wir hier links und auch im Bild oben einen sehen. Der Typ SKK läutete Anfang der 1990er Jahre als eines der ersten Geräte unter der neuen EN 3 die Ära eines völlig neuartigen Schaumlöschers mit Kartuschentechnik ein, welcher im Unterhalt bezahlbar war und großen Anklang fand. Ich kenne das selbst von der Arbeit - alle Gebäude, die vor 2012 mit Schaumlöschern ausgestattet wurden, hatten alle den SKK und ich möchte einmal die Behauptung aufstellen, dass der Typ SKK ebenso wie der Typ Pi das meist verkaufte Gerät seiner Zeit war.
Aber die Ära des SKK und auch die des Nachfolgers SK ist vorbei. An ihre Stellen treten in den nächsten der neue fluorfreie Typ SKA+. Auch die beiden SKK, die ich im EVK gesehen habe, sind als 2005er Geräte am Ende ihrer Lebenszeit und sollten bei der nächsten Instandhaltung ausgetauscht werden.
Eine sehr schöne Reise bzw. Zeitreise an einen Ort, wo ich schon öfter war aber ewig nicht gewesen bin und es ist wirklich sehr interessant zu sehen, wie sich Orte verändern und wie sich - mit dem nötigen Hintergrundwissen dann - das Puzzle langsam ein Ganzes wird. Die Objekte, die ich als Brandschutzbeauftragter und Brandschutztechniker betreue, kenne ich persönlich nicht von früher, da ich in Lippstadt und nicht im Ruhrgebiet aufgewachsen bin. Es gibt zwar auch dort Hinweise und Relikte, die erahnen lassen, wie es früher einmal gewesen sein muss, aber das ist natürlich etwas ganz anderes im Vergleich zu Objekten, die man wirklich aus früheren Zeiten kennt.
Wer sich vielleicht jetzt fragt, was ich privat in einem Krankenhaus gemacht habe: Mein kleiner Sohn ist Ende Oktober im Klinikum Lippstadt, im alten EVK, zur Welt gekommen und in Anbetracht dessen ist so ein Krankenhausbesuch natürlich etwas sehr erfreuliches :)
C. Menzel 2025




Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen