Samstag, 7. Januar 2023

Verbot von fluorhaltigen Löschmitteln (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen PFAS)

Im Bereich des Brandschutzes steht mit dem baldigen EU-weiten Verbot von fluorhaltigen Löschmitteln ein Paukenschlag ähnlicher Tragweite bevor, wie bei Bekanntwerden der Halon-Verbots-Verordnung vor rund 30 Jahren.
Wirklich belastbare Aussagen zu Übergansfristen und dergleichen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt (Januar 2013) noch nicht, aber dennoch möchte auch ich dieses Thema hier vorstellen und, sobald es neue Erkenntnisse gibt, diese Informationen laufend aktualisieren.

Wann tritt das Verbot in Kraft?
Vermutlich ab 2025 in mehreren Stufen mit z. Zt. noch unbekannten Übergangsfristen.

Welche Löschmittel sind betroffen?
Sämtliche herkömmlichen Schaummittel in Feuerlöschern aller Hersteller sowie Fettbrandlöscher, die für die Brandklasse B zugelassen sind.

Warum ist Schaum fluoriert?
Die Hauptlöschwirkung von Schaum beruht auf dem Stickeffekt, d.h. Schaum erstickt das Feuer. Das Ganze funktioniert aber nur, wenn die auf den Brandherd gelegte Schaumdecke absolut luftdicht und auch ausreichend stabil bzw. reißfest ist. Diese Eigenschaften werden bei den herkömmlichen Schäumen durch eine Fluorierung erzielt.

Warum sollen fluorierte Schäume verboten werden?
Genau wie bei Tetra, CB, Halon, PFC, PFOA und PFOS hat sich nach langjährigem Einsatz herausgestellt, dass auch die PFAS in Verdacht stehen, ungünstige Eigenschaften auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie auf die Umwelt zu haben; obendrein sind sie zumindest in Teilen schwer bis gar nicht abbaubar und können sich so in Umwelt und Nahrungskette anreichern.
Ein weiterer Faktor, der für ein Verbot spricht ist, dass die Schaummittel nicht nur bei Benutzung der Geräte freigesetzt werden, sondern alle 6 - 8 Jahre turnusmäßig gewechselt werden müssen. Somit fallen ständig große Mengen von problematischen Abfällen an.

Sind meine Feuerlöscher auch betroffen?
Ich sage mal so: Wer nicht im Jahre 2022 explizit fluorfreie Schaumlöscher gekauft hat, kann sich zu 99,9% sicher sein, dass der / die eigenen Schaum-Feuerlöscher mit PFAS belastet und von dem drohenden Verbot unmittelbar betroffen sind.

Können betroffene Feuerlöscher umgerüstet werden?
Das kommt drauf an, wie das Schaummittel im Feuerlöscher vorliegt. Es gibt Schaumlöscher, bei denen im Löschmittelbehälter selbst lediglich Wasser mit oder ohne löschwirksame Zusätze ist. Das Schaummittel liegt getrennt davon in Kartuschen oder Tuben vor und wird erst bei Aktivierung des Geräts zu einer fertigen Schaumlösung im Löschmittelbehälter vermischt. Diese Geräte wären theoretisch umrüstbar, indem die Schaumkonzentrat-Kartusche bzw. -Tube durch eine mit fluorfreiem Inhalt getauscht wird. Solche Geräte bietet eigentlich jeder Hersteller an, doch ob es auch für jedes herstellerspezifische Umrüstsätze gibt, steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest.
Schaumlöscher, bei denen das Löschmittel als fertige Lösung (Premix) im Löschmittelbehälter vorliegt, sind definitiv nicht umrüstbar.

Wie verhalte ich mich als Betreiber?
Da jetzt einen wirklich belastbaren Leitfaden an die Hand zu geben, ist aufgrund der derzeitigen Informationslage rund um das Thema Übergangsfristen schlichtweg nicht möglich. Ich würde folgende Handlungsempfehlung geben:
Steht eine Neuanschaffung an, wäre es falsch, nochmals einen Feuerlöscher mit fluorhaltigem Schaummittel zu kaufen.
Steht ein Löschmitteltausch bevor, könnte man jetzt in 2023 durchaus noch in Erwägung ziehen, diesen durchführen zu lassen. Ist ein bisschen Pokern, aber die Chancen stehen gar nicht so schlecht, dass der Löscher vielleicht noch 5 - 6 Jahre vorgehalten werden kann, bevor er verboten wird. Das hängt ganz von den Übergangsfristen ab, zu denen jetzt aber wie gesagt noch nichts genaues feststeht.

Welche Alternativen gibt es zu fluorfreien Schaumlöschern?
Für die allermeisten Bereiche würden es auch Hochleistungs-Wasserlöscher tun, die immerhin auch bis zu 12 LE erzielen. Problematisch an der ganzen Sache ist - das habe ich beruflich auch schon festgestellt - dass die allermeisten Brandschutzkonzepte, Gefährdungsbeurteilungen und Pipapo im Wortlaut "geeignete Feuerlöscher mit mindestens 10 LE für die Brandklassen A und B" fordern. Tja - da braucht man den Wasserlöscher gar nicht erst aus dem Karton holen, ja nicht einmal bestellen, da er für die Brandklasse B nicht geeignet und zugelassen ist.
Wenn man aber mal ehrlich ist: Mit Brandklasse B kommen wir in den allermeisten Bereichen in Form von Kunststoffen in Berührung; Folien, Kunststoffverkleidungen, Polstermöbel, Teppiche und dergleichen. Bei einem Entstehungsbrand liegt der Bürostuhl beispielweise nicht in flüssiger Form vor, der mit den Eigenschaften einer Flüssigkeit brennt. Den kriegt man auch hervorragend mit Wasser aus.
Solange sich an diesen Konzepten aber nichts ändert und immer auch - obwohl es vielfach wirklich nicht notwendig wäre - irgendwas für die Brandklasse B gefordert wird, ist fluorfreier Schaum  alternativlos.
Das Umrüsten auf Pulverlöscher wäre wegen der immensen Folgeschäden in den meisten Fällen auch nicht sinnvoll.
Wie gesagt: Das ist der Stand von Januar 2023. Änderungen, die sich im Laufe der Zeit ergeben, werden farblich abgesetzt und angefügt. Der Basistext bleibt erhalten.
 
Nachtrag 10.02.2023: Die ECHA hat sich die Tage zusammengesetzt und es stehen Übergangsfristen von 18 Monaten für Schaumlöscher ohne besondere Begründung für einen verlängerten Einsatzzweck im Raume.
Nach diesen neuerlichen Erkenntnissen würde ich auch von einem Löschmiitteltausch abraten; nicht zuletzt deshlab, da die Schaummittel wegen der ganzen Krisen aktuell exorbitant teuer geworden sind.
Kurz und klein: Bei bevorstehenden Neuanschaffungen und LMT ist die Neuanschaffung eines fluorfreien Schaumlöschers zu empfehlen.

©. Menzel 2023