Dienstag, 29. März 2016

Der Dauerdrucklöscher - das (unangenehme) Überraschungsei

Hier links sehen wir einen typischen und hochwertigen Dauerdrucklöscher der späten 1980er Jahre (GLORIA Typ PD 6 G) und einige von Euch kennen dieses Modell bestimmt noch - ich kenne es z.B. aus unserem damaligen ALDI.
Das Beispiel zeigt, dass Dauerdrucklöscher nicht nur für den Privatmann zu Hause gern genommen worden sind, sondern auch in Handel und Gewerbe häufig anzutreffen waren. Heute ist es noch genauso, denn eine beträchtliche Anzahl von Einzelhandelsunternehmen hält wie eben auch die meisten Privatpersonen solche Dauerdrucklöscher vor.
Oft findet man sie dort, wo kein Brandschutz-Fachbetrieb die Beratung und Ausstattung übernommen hat, sondern der Inhaber des Geschäfts bzw. des Hauses auf eigene Faust losgezogen ist, um sich einen Feuerlöscher zu kaufen. Auch wenn man vielleicht schonmal bei einem Fachbetrieb angerufen und sich informiert hat, ist der Gang zum nächsten Baumarkt trotz Abraten des Fachmanns sehr verlockend. Grund: Der schnöde Mammon!
Dauerdrucklöscher werden in der Pulvervariante dort schon zu 20,00 € rausgehauen und sind deutlich günstiger als besser geeignete und vom Fachmann empfohlene Schaum-Aufladelöscher.

Der enorme Preisunterschied ist in erster Linie konstruktions- und qualitätsbedingt. Dauerdrucklöscher sind wesentlich einfacher in ihrem Aufbau, als Aufladelöscher, denn sie speichern Lösch- und Treibmittel in einem Behälter, welcher permanent unter Druck steht und über ein einfaches Hebelventil entleert werden kann.
Aufladelöscher hingegen speichern Lösch- und Treibmittel zwei separaten Behältern. Der Löschmittelbehälter ist generell erstmal drucklos und wird erst unmittelbar vor dem Einsatz durch Anstechen einer CO2-Patrone unter Druck gesetzt. Das erfordert schon bessere Qualität, mehr Technik und das ist dementsprechend teurer.
Zudem ist das Löschmittel Schaum generell teurer als herkömmliches ABC-Pulver. Ein Schaum-Dauerdrucklöscher kostet auch im Baumarkt um die 50,00 €, doch habt Ihr trotzdem nix gescheites.

Ich habe sowohl beruflich, als auch von meiner Sammelei her ständig mit Dauerdrucklöschern zu tun und dabei macht man so gewisse Erfahrungen, welche ich hier einmal zum Besten geben möchte. Wie die Überschrift des Artikels schon verrät, waren das nicht immer nur gute Erfahrungen.

Unbequeme und mitunter teure Instandhaltung
Das Theater mit den Dauerdrucklöschern fängt schon bei der Instandhaltung an. Sind die Dauerdrücker nämlich zur Behälterinnenkontrolle fällig, muss der Druck abgelassen werden, damit er einem beim Aufschrauben nicht um die Ohren fliegt. Um den Druck abzulassen, hat der Sachkundige zwei Möglichkeiten:
Entweder kann er den Löscher über das Prüfventil abblasen lassen, was allerdings 6 - 8 Stunden dauert und wobei man sich nie sicher sein kann, dass der Druck auch wirklich komplett abgebaut wird. Vor dem Ventil befindet sich ein Sintereinsatz, welcher durch den ausströmenden Stickstoff im Behälter aufgewirbeltes Pulver zurückhalten soll. Das tut er auch, doch kann er sich mit Pulver zusetzen. Man kommt dann also am nächsten Tag fröhlich in die Werkstatt, setzt den Schlüssel an, es knallt und alles ist weiß. Tja - dann war der Behälter wohl doch nicht ganz drucklos. Man kann es über ein Prüfmanometer noch nicht einmal kontrollieren, denn wenn der Sintereinsatz verstopft ist, dann zeigt das Manometer logischerweise 0 bar an. Die einzige Möglichkeit, um sicher zu gehen ist, die Armatur zu betätigen - am besten vorsichtshalber mit dem Schlauch in der laufenden Saugmaschine.
Bei Schaum-Dauerdrucklöschern sifft trotz Sintereinsatz immer etwas Schaummitel mit durch das Ventil, was einem erstmal den Arbeitsplatz versaut und was trotz akribischer Reinigungsarbeiten das Ventil im Laufe der nächsten Jahre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zerstört.
Als Alternative hierzu kann der Löscher mitsamt Inhalt in die Saugmaschine geblasen werden, was natürlich nur bei Pulver-Dauerdrucklöschern funktioniert. So, das geht zwar fix, aber dann ist der ganze Ventilkegel versaut, man muss alles aufwändig reinigen und wenn man Pech hat, bekommt man den Löscher hinterher nicht mehr dicht. Das kostet alles viel Zeit und zudem kommt - egal für welche Möglichkeit sich der Sachkundige entscheidet - immer noch die Position "Stickstoff" mit auf die Rechnung, da der Löscher ja schließlich wieder unter Druck gesetzt werden muss.
Alles in Allem lohnt sich der ganze Käse sowieso nicht, wenn man den Schrott für 20,00 € im Baumarkt neu kaufen kann!

Schleichender Druckverlust
Das größte Problem, mit dem Dauerdrucklöscher zu kämpfen haben, ist ein schleichender Druckverlust. Der Behälter steht permanent unter einem Druck von 15 bar Stickstoff* und das ist schon eine enorme Belastung für Ventilarmatur und Dichtung. Die abzudichtende Fläche ist bei einem Dauerdrucklöscher verhältnismäßig groß und bietet eine dementsprechend große Angriffsfläche. Vor allem Geräte, die wechselnden Witterungsverhältnissen, Temperaturschwankungen und mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, sind an dieser Stelle besonders anfällig. Die Gummidichtung arbeitet oder wird spröde und schon ist der Behälter nicht mehr dicht. Das heimtückische ist, dass man es unter Umständen erst dann merkt, wenn man den Löscher benutzen muss und dann unangenehm überrascht feststellt, das nix rauskommt.
Neben der Dichtung ist auch das Prüfventil störanfällig, welches im Prinzip nichts anderes ist, als ein einfaches Fahrradventil. Durch den permanent anstehenden Innendruck von 15 bar* kann es plötzlich den Geist aufgeben und abblasen. Das Blöde ist: Auch hier merkt man es nicht.
So einem Manometer wie auf dem Bild, darf man übrigens auch nie ganz vertrauen! Mit zunehmendem Alter des Löschers oder durch ungünstige Witterungseinflüsse kann es festgammeln und zeigt immer grün - auch wenn der Löscher schon längst keinen Druck mehr hat. Ich habe mal bei einem alten Dauerdrucklöscher aus meiner Sammlung das Manometer abgeschraubt und es stand im grünen Bereich, obwohl es abgeschraubt neben dem Löscher lag... soviel dazu! Das Manometer dient zur Selbstkontrolle, aber es ersetzt keinesfalls die Notwendigkeit eines Sachkundigen!

* Schaumlöscher arbeiten mit 7 bar Betriebsdruck.

Stoßempfindlich und klemmende Ventile
Ja - was wir hier links im Bild sehen, ist vielmehr eine ausgewachsene Katastrophe, als ein kleines Malheur. Dieses Foto hat mir eine Leserin meiner Seite geschickt mit der bangen Frage, ob das Löschpulver giftig sei. Ich konnte Sie beruhigen, denn das Löschmittel ist nicht giftig. An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal ganz herzlich für die Erlaubnis bedanken, das Bild hier nutzen zu dürfen!
Giftig hin oder her - die Sauerei ist komplett und es bedurfte keiner groß angelegten Aktion, um sie zu verursachen. Der Löscher stand in der Ecke des gezeigten Raumes und ist durch einen leichten Rempler umgekippt - dummerweise auf die Armatur. Die Sicherung ist dabei weggeknickt, der Druckhebel wurde betätigt und Zack! - alles weiß. Obendrein muss sich der Dichtkegel im Ventil verklemmt haben, sodass der Feuerlöscher nicht nur einen Stoß, sondern seinen ganzen Inhalt von 6 kg feinstem ABC-Pulver ausgeblasen und überall verteilt hat.
Dieses Beispiel zeigt, dass Dauerdrucklöscher verhältnismäßig empfindlich sind und bei der kleinsten, unachtsamen Berührung losgehen können; verklemmt sich dann auch noch das Ventil, blasen sie unkontrolliert ab, bis sie leer sind und verursachen dabei neben der Sauerei oft auch einen immensen Schaden. Dazu gehören nicht nur hartnäckige Verkrustungen auf sämtlichen Oberflächen und unbrauchbar gewordene Textilien, sondern auch nach und nach kurzschließende Elektrogeräte.
Genau genommen war dieser gezeigte Fall hier ein doppeltes Unglück, denn bei einem rund 40 Jahre alten Dauerdrücker wie diesem hier kann man in der Regel davon ausgehen, dass er platt, sprich längst drucklos ist. Tja... dieser hier hatte ganz offensichtlich zumindest noch genug Restdruck, um alles einzusauen. Das beweist wieder einmal, dass man bei Dauerdrucklöschern nie so ganz genau weiß, woran man eigentlich ist.
Auch bei Transporten im Auto gehen die Dinger gerne mal los. Wenn sie liegen, kann die Sicherung durchrutschen und bei der nächsten Bremsaktion wird's staubig im Auto.

Fazit
Ich will die Dauerdrucklöscher jetzt nicht krampfhaft schlechtreden und es steht außer Frage, dass auch sie einem im Ernstfall helfen können. Allerdings kann man sich niemals so wirklich sicher sein, ob sie im Ernstfall auch zuverlässig funktionieren. Dauerdrucklöscher sind vergleichbar mit einem Überraschungsei und man muss sich eigentlich die Frage stellen, was passiert, wenn man den Druckhebel betätigt? Kommt überhaupt etwas raus, kommt genug raus oder alles? Hinzu kommt die Tatsache, dass sie recht empfindlich sind und teils ungerechtfertigt hohe Kosten bei der Instandhaltung verursachen.
Lasst Euch deshalb nicht von günstigen Baumarkt-, Internet- und Großhandelsangeboten verlocken, denn einerseits ist die Sicherheit nicht unbedingt garantiert und unterm Strich zahlt Ihr auch noch drauf, da Dauerdrucklöscher in den meisten Fällen trotz regelmäßiger Instandhaltung keine 20 Jahre durchhalten.
Kauft lieber einen hochwertigen Aufladelöscher im Fachhandel, denn da habt ihr ein solides und robustes Gerät, was auch mal einen Rempler verträgt, ohne gleich loszugehen. Zudem ist ein schleichender Druckverlust bei Aufladelöschern nahezu ausgeschlossen und die Instandhaltungskosten sind überschau- sowie vor allem auch kalkulierbar. Hinzu kommen eine kompetente Beratung sowie ein umfassender Service. Obwohl er im Moment der Anschaffung teurer erscheint - auf die nächsten 20 Jahre gerechnet ist es die kostengünstigere und vor allem auch sicherere Wahl!
Viele argumentieren dann: "Dann kauf ich mir alle zwei Jahre eben einen neuen und trete den alten in die Tonne." Bevor Ihr auch dieser argumentationsweise verfallt, stellt Euch doch mal die Frage, wie es sein kann, dass ein nagelneuer Löscher günstiger ist, als eine standardmäßige Wartung bzw. Instandhaltung?
Das wäre ungefähr so, als ob Ihr Euch bei einem anstehenden Batteriewechsel Eurer Uhr aus Kostengründen ein zwar neues, qualitativ aber doch eher fragwürdiges Zeiteisen aus dem Kaugummiautomaten zieht. Denkt mal darüber nach...

©. Menzel 2016