Egal ob in Hollywood oder im Theaterkeller der örtlichen Grundschule, ob Millionen-Blockbuster oder das Krippenspiel der 2. Klasse: Jeder Film und jedes Stück lebt - natürlich neben der Geschichte und den Darstellern - selbstverständlich auch von Details jedweder Art und scheinbar unwichtigen Kleinigkeiten wie z.B. die etwas unordentlich sortierten Zeitschriften im Wartezimmer eines Arztes. Das spiegelt die Wirklichkeit wider und wir alle erkennen uns in solchen Details. Solche Kleinigkeiten sind es letztlich auch, die künstlich erschaffene Umgebungen zum Leben erwecken und zur Wirklichkeit werden lassen.
Ebenso sind es auch diese kleinen, scheinbar unwichtigen Details, die einem störend ins Auge fallen und im schlimmsten Falle eine ganze, ansonsten perfekte Atmosphäre ruinieren können, wenn sie nicht passen oder fehlen.
Zu solchen unwichtigen Details gehören auch Feuerlöscher, Beschilderungen jeglicher Art und allsonstiges. Sie stehen weder im Film, noch im realen Leben im Vordergrund, doch sie sind da. Der Mensch nimmt solche Dinge unterbewusst wahr und es fällt sehr wohl auf, wenn da irgendetwas nicht passt oder fehlt.
In meiner Eigenschaft als Brandschutztechniker und Brandschutztrainer spreche ich mit sehr vielen Leuten über das Thema Feuerlöscher und es ist wirklich so: Aus dem Augenwinkel weiß jeder, dass da was rotes an der Wand ist und jeder merkt es sofort, wenn es fehlt. Das passiert z.B. immer wieder, wenn ich die Feuerlöscher zum Prüfen rausnehme (ich lasse natürlich an gewissen Stellen Ersatz da) - hinterher kommt immer einer an, der bei der Haustechnik oder Geschäftsführung gemeldet hat, dass da ein Feuerlöscher fehlt. Klar - im Film kommt man oft nicht sofort drauf oder merkt es erst im Nachhinein; doch eines steht fest: Das runde Gesamtbild, dieses Zurücklehnen und vollkommen genießen kann unter Umständen erheblich unter solchen Kleinigkeiten leiden, wenn sie nicht passen.
Vor einiger Zeit haben wir die Serie Homeland geschaut, wirklich spannend und toll gemacht und trotzdem gab es eine Szene, wo mir sofort auffiel, dass was nicht passt.
Genau geht es mir um die 5. Staffel der Serie, welche zu großen Teilen in Deutschland spielt und auch in Deutschland gedreht wurde. Carrie Matthison, Saul Berenson und wie sie alle heißen sind überwiegend in Berlin, doch Saul fliegt irgendwann zurück in die USA und dort gibt es dann einige Szenen, die sich im Hauptquartier der CIA abspielen. Und was sehe ich da, als Saul hastig durch die Gänge rennt? Einen Feuerlöscher der Firma Jockel aus Remscheid!
Ich gehe davon aus, dass es sich bei dem dort gezeigten Feuerlöscher um einen normalen Feuerlöscher des deutschen Filmstudios handelt, in welchem dann wohl auch diese kurzen Sequenzen gedreht wurden. Der hängt wahrscheinlich immer im Flur, weil er da hängen muss und wurde einfach ins Bühnenbild integriert. Auch im Hauptquartier der CIA hängen natürlich Feuerlöscher auf den Fluren und man dachte sich bestimmt: passt schon! Nur sehen US-Feuerlöscher gänzlich anders aus, als unsere und so einem wir mir fällt der Unterschied natürlich direkt auf.
OK - dass es sich um keinen Amerikanischen Feuerlöscher, sondern um ein Gerät der Marke Jockel handelt, ist neben mir wahrscheinlich noch drei anderen Leuten aufgefallen und das war´s - aber: Mir ist es aufgefallen! Es hat mich jetzt auch nicht gestört, ich fand es eher amüsant.
Das sind jetzt natürlich alles Spitzfindigkeiten von einem Fanatiker, der unwillkürlich auf sowas achtet und der das auch im Bruchteil einer Sekunde erkennt - so wie ein anderer vermutlich erkennt, dass irgendwo am Set falsche Kaffeetassen, Türklinken oder sonstwas sind. Meine Frau meinte sogar mal bei einer kurzen Filmszene, in der ich auf 30 m Entfernung einen MINIMAX RU 12 entdeckt, identifiziert und ihr das umgehend mitgeteilt hatte, dass ich ein Autist mit Inselbegabung wäre... *zwinker*
Ich schau auch gerne die alten Tatorte aus den 1970er und 1980er Jahren in der Hoffnung, den Blick auf einen Feuerlöscher zu erhaschen und oft habe ich auch Glück, wie in einem Essener Tatort mit Kommissar Haferkamp aus den 1970er Jahren. Auf dem Screenshot unserer Glotze ist der GLORIA Typ Pi 6 G Baujahr 1973-1975 in dem Gerichtssaal sehr gut zu erkennen, findet Ihr nicht? Griffhöhe von gut 2,00 m ist auch zeitgenössisch - alles authentisch. Ich mache sogar Schreenshots von sowas... unglaublich, aber so bin ich!
Was mir dagegen bei neueren Produktionen auffällt ist, dass dort gar keine Feuerlöscher mehr zu sehen sind - teilweise sieht man sogar leere Halter, so als ob vorhandene Löscher absichtlich abgenommen worden sind. Das stört mich dann schon, denn wenn ich aus beruflicher Sicht einen leeren Halter sehe, dann fehlt da was. Genauso geht es mir in Filmen und Serien.
Schwierig wird es natürlich bei Retroprodukionen, d.h. bei Filmen, die in der Vergangenheit spielen. Wenn man detailgetreu drehen möchte und auf soetwas wie einen Feuerlöscher im Hintergrund Wert legt, muss man natürlich erstmal recherchieren, was für ein Löscher aus welchem Baujahr am besten in die Kulisse passt. Ich habe da schon öfter mal auf Anfrage so ganz unverbindlich einige Ratschläge gegeben, unter anderem bei dem Film "Ballon".
Das war allerdings etwas besonderes und nach den originalen Begebenheiten nicht nachzustellen. Wer den Film gesehen hat weiß, dass in dem Ballon ein Feuerchen ausbricht, welches mit einem Kohlendioxidlöscher gelöscht wird. Da der Löscher nicht einfach nur Deko sein sollte, sondern zum Einsatz kommen musste, konnte man kein zeitgenössisches Gerät nehmen - diese alten DDR-Geräte sind a.) kaum noch aufzutreiben, 2.) nicht betriebssicher und d.) vielfach mit Halon gefüllt - einem heute verbotenen Löschmittel.
Ich schätze, dass im Original damals ein Halonlöscher eingesetzt worden ist, welcher aus der üblichen Bordausstattung des heimischen PKW entliehen wurde. So einen HAL 0,4 oder 0,8 hatte jeder Trabi oder Wartburg an Bord und der Privatmann kam da ohne weiteres ran. Kohlendioxid- oder Kolon-Löscher gab es dagegen nur im industriellen Bereich. Solch alte DDR-Halonlöscher tauchen hin und wieder noch bei eBay auf - vielfach tun die auch noch, doch eine Inbetriebnahme ist verboten und es wäre unverantwortlich, eine solche Giftschleuder in einem Film leerzubraten. Die DDR-Halone waren anders als die der BRD und deutlich giftiger. Nein nein - ich habe die Problematik auf Anfrage geschildert und zu einem Kohlendioxidlöscher geraten, was dann tatsächlich auch so umgesetzt wurde. Dass es sich dabei um ein neuzeitliches Gerät handelt, ist natürlich klar und auch völlig in Ordnung.
©. Menzel 2020
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen