Jeder Feuerlöscher hat seine Geschichte und einige von ihnen haben ein ähnlich bewegtes Arbeitsleben hinter sich, wie so mancher Mensch. Im Gegensatz zu uns Menschen können sie uns allerdings nichts darüber erzählen und so geraten solche Geschichten oft in Vergessenheit und verschwinden mit dem Feuerlöscher bei Außerdienststellung auf immer und ewig in der Presse. Anders ist es bei diesem 1964er GLORIA Pi 6 G, welcher auf eine wahrhaft bewegte Geschichte zurückblicken kann.
Ende November 2017 bekam ich eine E-Mail mit der Anfrage, ob ich Interesse an diesem Feuerlöscher hätte. Da es sich um einen GLORIA Pi 6 G aus der ersten Serie mit dem nüchternen Druck ohne Schnörkel handelte, war das Interesse natürlich geweckt und ich beantwortete die Frage freudig mit einem "ja gerne". Die Verkäuferin freute sich darüber, dass der alte Feuerlöscher nun in gute Hände kam und eben nicht in die Presse wanderte, denn er hatte die Familie über viele Jahrzehnte begleitet. Wenn man sich das alles so auf der Zunge zergehen lässt, grenzt es beinahe schon an eine Wunder, dass es dieses Gerät überhaupt noch gibt und dass es so gut erhalten ist.
Der GLORIA Typ Pi war in den 1960er Jahren geradezu prädestiniert für den Einsatz in und an Fahrzeugen, denn er war im Vergleich zu den meisten anderen Modellen seiner Zeit äußerst kompakt. Die Treibgasflasche war platzsparend und zudem gut geschützt im Inneren des Löschmittelbehälters untergebracht und der hufeisenförmig am Behälter entlang geführte Schlauch tat sein übriges, um die Abmessungen des Geräts auf ein Minimum zu begrenzen.
So wie unzählige andere Pi 6 G verrichtete auch dieser hier seinen Dienst an einem Fahrzeug - und zwar von 1969* bis 1991 auf einem MAN-Tankwagen. Der Rundhauber gehörte zur Flotte des Paderborner Bauunternehmens IMMIG, welches auch mir als Lippstädter ein Begriff ist. Meine beiden Großeltern wohnten nämlich in Paderborn und da Lippstadt ja nicht weit weg war, waren wir natürlich recht oft zu Besuch. Wenn ich so an die 1980er und frühen 1990er Jahre zurückdenke, dann kann ich mich noch sehr gut an die dunkelgrünen LKW mit dem roten Schriftzug "IMMIG - Paderborn" erinnern, die im ganzen Stadtgebiet und darüber hinaus unterwegs waren.
Der Vater der Verkäuferin fuhr den MAN-Tankwagen ganze 22 Jahre lang von Baustelle zu Baustelle, um die dort im Einsatz befindlichen Baumaschinen mit Diesel zu füttern. Eine vorsichtige Rechnung seiner Tochter ergibt, dass dieser Feuerlöscher in seinen 22 Dienstjahren mindestens 528.000 km zurückgelegt hat, was in etwa 12 Erdumrundungen entspricht. Dabei war der Feuerlöscher nicht etwa gut geschützt im Führerhaus verstaut, sondern er hing draußen - bei Wind, Wetter, Sonne, Frost und vermutlich auch bei diversen Stunden auf dem Waschplatz. Eine Haube oder einen Schutzkasten gab es nicht sondern nur einen einfachen Fahrzeughalter, wie wir ihn auf dem Bild sehen. Der absolute Wahnsinn, dass der Feuerlöscher noch so aussieht! Das ist wirklich unglaublich!
In meinem Beruf habe ich auch öfter mal mit Speditionslöschern zu tun, bei denen man nach zwei Jahren vielleicht noch erahnen kann, dass das mal ein Feuerlöscher gewesen sein müsste. Durchgerostet, weggegammelt - einfach nur noch Kernschrott, der dem Aussehen nach während der Fahrt eher unter der Zugmaschine befestigt gewesen sein müsste. Da steht dieser alte Veteran natürlich in einem ganz anderen Lichte da.
Im Jahre 1991 wurde mit dem schönen MAN-Hauber dann auch der Feuerlöscher ausgemustert, welcher noch die 1991er Plaketten trägt. Während das Fahrzeug wahrscheinlich mitsamt Halter in die Presse ging, nahm der Vater der Verkäuferin sich nun mit Absprache des Prüfers seines einst treuen Begleiters an. Das war damals Gang und Gäbe, dass gewerblich ausgemusterte Feuerlöscher dann in den Privatbereich übergingen und dort durchaus auch noch weiter geprüft wurden. Heute undenkbar. Fortan verrichtete er dann seinen Dienst im Keller, wo er nach 26 Jahren dann endgültig ausgemustert und durch einen neuen ersetzt wurde. Seit 2017 ist er dann nach 53 Jahren Arbeitsleben bei mir gelandet - und da bleibt er auch. Entleert und entschärft ist er bereits, die alten Instandhaltungsnachweise bleiben wegen des Wiedererkennungswertes allerdings drauf.
*Der Feuerlöscher ist Baujahr 1964 und vielleicht hing er seit dem schon am MAN. Das konnte bis jetzt noch nicht abschließend geklärt werden.
Ja, Mareike - jetzt hat die Geschichte fast ein Jahr in den Akten gelegen, aber hier ist sie nun. Wenn es noch etwas nachzutragen gibt, können wir das selbstverständlich jeder Zeit tun.
Vielen Dank, auch an Deinen Papa und auf das der neue Feuerlöscher auch nie zum Einsatz kommen möge.
©. Menzel 2018
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