Mittwoch, 30. September 2020

Report aus dem Museum: Schaumlöscher GLORIA S 10 Cn

In diesem Artikel möchte ich Euch den GLORIA Schaumlöscher vom Typ S 10 Cn  vorstellen, welcher auch schon in seiner Zeit etwas besonderes war! Schaumlöscher sind seit etwa 25 Jahren so richtig auf dem Vormarsch und haben bis heute die Pulverlöscher aus so ziemlich allen Bereichen, in denen sie entbehrlich sind* verdrängt. Vor 60 Jahren war das allerdings genau umgekehrt: Schaumlöscher waren relativ unbekannt und kaum einer wollte sie haben, da doch der damals erst kurz zuvor (um 1955/56) auf den Markt getretene Allrounder mit ABC-Pulver ein wesentlich breiteres Anwendungsspektrum bot und bedeutend komfortabler in der Handhabung war - vermutlich war er auch billiger in Bezug auf Anschaffung und Instandhaltung.
Das erste interessante Detail ist, wie ich finde, dass dieses von der Funktion her eigentlich klassische Vorkriegsgerät im Jahre 1952 von GLORIA neu zugelassen wurde - ebenso wie die Pulverlöscher alter Bauart. Die Erklärung hierfür ist allerdings recht einfach, denn GLORIA wurde erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs im August 1945 gegründet und um mit den anderen, zum Teil seit Jahrzehnten am Markt etablierten Marken wie Minimax oder Total Schritt halten zu können und es überdies zu Beginn der 1950er Jahre auch nichts wirklich anderes gegeben hat, war diese Neuzulassung alter Baumuster ein unumgänglicher Schritt.


Schauen wir uns den Löscher mal an. Er fasst 10 Liter Schaumlösung plus Zusätze und ist wahrhaft riesig - wesentlich größer als die ebenfalls 10 Liter fassenden Nasslöscher und auch wesentlich schwerer - gut 25 kg bringt dieser Klopper auf die Waage. Der Behälterverschluss in Hammerschlagoptik ist massiv wie ein Gullydeckel und wird mit zwei Flügelmuttern über Stehbolzen mit dem Löschmittelbehälter verbunden. Zum Aufmachen brauchte man kein Werkzeug - es gab auch keine Plomben. Auch wer jetzt hier eine Armatur oder sonstige Bedienungseinrichtungen sucht, kann suchen, bis er schwarz wird. Es gibt nur einen verhältnismäßig kleinen Griff und eine Düse - sonst nichts. Den Deckel ziert allerdings noch ein wuchtiger GLORIA-Schriftzug, toll! Viele von Euch werden sich jetzt wahrscheinlich folgende Frage stellen: Warum ist dieser Löscher so schwer und wie soll man denn einen Löscher ohne jegliche Bedienungseinrichtung in Betrieb nehmen? Die Antwort ist wahrscheinlich einfacher, als Ihr denkt und lautet: Auf den Kopf drehen!


Als Löschmittel kommen 10 Liter mit Saponin und Natriumcarbonat versetztes Wasser zum Einsatz. Zusätzlich befindet sich in der Mitte des Behälters ein vom Löschmittel atmosphärisch getrenntes Einschubrohr mit gelöstem Aluminiumsulfat. Das Einschubrohr wird nach oben hin vom Behälterdeckel fest verschlossen, verfügt aber über dem Flüssigkeitsspiegel des Löschmittels ringsherum über mehrere Austrittsöffnungen.
So - und jetzt kommts: Dreht man den Feuerlöscher nun auf den Kopf, vermischt sich die Aluminiumsulfatlösung mit dem natriumcarbonathaltigen Löschmittel und fängt furchtbar an zu gären - es bildet sich Kohlendioxid. Die Düse am Deckel ist mit einer Berstscheibe aus imprägnierter Pappe gasdicht verschlossen, sodass der Druck im Behälter ansteigt - bis auf etwa 10 bar (veraltete Bezeichnung Atü). Bei Erreichen dieses Drucks im Behälterinneren reißt die Scheibe und das durch das Kohlendioxid aufgeschäumte Saponinwasser schießt aus dem Löscher. Betriebsdruck und Wurfweite nehmen mit fortdauerndem Einsatz ab.
Tja... So funktionierte der S 10 Cn! Die Bedienung stelle ich mir allerdings äußerst schwierig vor... so einen schweren Eimer um 180° auf den Kopf zu wuchten... das konnte bestimmt nicht jeder. Und erst die Instandhaltung... es gibt leider keiner Unterlagen mehr darüber. Ich hätte bei jeder Instandhaltung die komplette Jauche getauscht. Man durfte den Löscher im gefüllten Zustand ja auch nur stehend transportieren... sobald man ihn hinlegte oder er umkippte, dann legte er los. Ich kenne einen, der ein ähnliches, noch gefülltes Modell - von Minimax war es glaube ich - abholen wollte. Er hatte leider keine Ahnung gehabt, den Löscher in den Kofferraum gelegt und ab ging die Post. Das Auto konnte man danach wegschmeißen... total versaut mit Jahrzehnte alter Jauche... stinkig, ätzend, ungesund. Seid also vorsichtig, wenn ihr mal solche chemischen Auflader findet oder erwerben wollt... Versand und Abholung im gefüllten Zustand ist nicht.


Heute einen solchen, 60 Jahre alten GLORIA S 10 Cn in diesem Zustand zu bekommen... da muss man schon wirklich Glück haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Löscher damals schon nicht so oft verkauft wurde wie die Pulverlöscher. Wer kaufte denn so ein Gerät? Nicht frostsicher, nicht für elektrische Anlagen, teuer, riesig und schwer... ich weiß es nicht. Der S 10 Cn war in seiner Zeit auf jeden Fall ein Gerät für spezielle Einsatzzwecke. Wahrscheinlich dort, wo Pulver wegen der Schäden nicht sein durfte und Wasser, Kohlensäure, Tetra oder CB nicht ausgereicht hätten. Das Ganze aber im frostfreien Raum und nicht in Gegenwart elektrischer Spannung. Wo sollte das gewesen sein? Ob der Schaum alkoholbeständig war, weiß ich nicht, deswegen möchte ich mögliche Einsatzorte wie Destillerien, Labore, Apotheken und dergleichen nur unter Vorbehalt nennen. Zudem weiß ich auch nicht genau, ob das damals überhaupt eine Rolle spielte. Ich werde da aber nochmal nachforschen, vielleicht bekomme ich ja noch etwas raus.
Die chemischen Schaumlöscher waren nach 1945 auf jeden Fall schon selten und sie sind es heute natürlich erst recht. Die Erstzulassung dieses Typs erfolgte wie gesagt 1952 und spätestens 1962 war Schluss. In dieser Ausführung mit genau diesem Aufdruck ("GLORIA-WERK) dürfte es ihn nur 1960 gegeben haben. Vielleicht auch schon früher. Ein wirklich interessantes Stück, von welchem ich ehrlich gesagt nicht gedacht hätte, es einmal besitzen zu dürfen.

©. Menzel 2020

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen