Sonntag, 12. Juli 2015

Pulver-Dauerdrucklöscher - Pioniere des häuslichen Brandschutzes mit Nachteilen

Zur Mitte der 1960er Jahre boomten die Öl-Zentralheizungen und in nahezu jeden privaten Neubau zog mit seinem neuen Besitzer eine Ölheizung ein. Warum auch nicht - Öl war damals billig, konnte bequem per Tankwagen angeliefert und in großen Mengen zu Hause gebunkert werden. Kostspielige Umweltauflagen zur Reinigung der schwefelhaltigen Abgase gab es auch noch nicht - eine rundherum prima Sache also. Der Rohstoff zur Befeuerung der Heizung - das Heizöl, welches zumindest damals stofflich gesehen nichts anderes als Diesel war - stellte allerdings eine erhebliche Brandgefahr dar, da es zur mittlerweile nicht mehr gültigen VbF-Gefahrenklasse AIII gehörte und in großen Mengen direkt im Keller gelagert doch eine erhebliche Steigerung der Brandlast bewirkte. Deshalb wurden von den einzelnen Bundesländern ab Ende der 1950er Jahre Verordnungen erlassen, welche den Besitzer einer Ölheizung mit zugehörigem Tank zur Vorhaltung eines geeigneten Feuerlöschers verpflichtete. Wer bis zu 5.000 l Heizöl auf Vorrat hielt, musste demnach einen 6 kg Pulverlöscher anschaffen und dessen Öltank über 10.000 l Heizöl fasste, einen 12 kg Pulverlöscher oder zwei 6 kg Pulverlöscher.

Bis dato wurden in der Größenordnung ab 6 kg herstellerweit allerdings ausschließlich Pulver-Aufladelöscher angeboten, von welchen wir hier links einen 1968er GLORIA Typ Pi 6 G sehen. Diese Feuerlöscher waren hochwertig und sehr leistungsstark, doch das hatte natürlich auch seinen Preis. Nach einer zeitgenössischen Preisliste schlug solch ein Aufladelöscher je nach Ausführung mit bis zu 119 DM (Pi 12 G) zu Buche, was zu damaliger Zeit eine enorme Summe darstellte. Umgerechnet ins Jahr 2015 beträgt der Gegenwert satte 226 Euro - ein Preis, welcher nur vom heutigen Top-Designmodell aus dem Hause GLORIA (Typ F6 Ni+ AL) erreicht wird.
Brandschutz war also auch für den Privatmann eine teuere Angelegenheit, woraufhin sich zur Mitte der 1960er Jahre die Verantwortlichen zusammensetzten, um eine günstige Alternative zu schaffen. Auch bei den GLORIA-WERKEN im westfälischen Wadersloh wurde der runde Tisch bevölkert, woraufhin im Jahre 1966 die Zulassung der ersten "großen" Dauerdrucklöscher vom Typ P 6 H, P 6 K und P 6 D mit der Standardfüllung BC-Löschpulver sowie die des P 6 GD mit dem Allrounder ABC-Pulver erfolgte. Die Typen P 6 D und P 6 GD waren auch als 12 kg-Gerät erhältlich und im Schnitt rund die Hälfte billiger, als die Aufladelöscher.

Einfache Bedienung
Aufladelöscher mit komfortabler Druckhebelarmatur gab es damals noch nicht, hätte ich jetzt fast behauptet - doch das stimmt nicht, denn Minimax hatte mit den Typen PD, PG und PU genau solche Geräte im Programm. Aber in diese Armatur musste man sich ziemlich reinhängen, um die Druckpatrone zu öffnen und genauso war es auch bei allen Aufladelöschern mit innenliegender Treibgaspatrone mit Ausnahme des Pi mit halbautomatischer Aufladung. Man brauchte also recht viel Kraft, um sie in Betrieb zu nehmen. Gerade Modelle mit Schlagknopfarmatur wie der Pn oder die alten Wasserlöscher vom Typ Hn waren kniffelig, da die Schlagknöpfe klein und die Durchstoßfolie der Patrone dick waren... So manch einer ist da bestimmt mal volles Pfund abgeschmiert und hat sich blaue Flecken zugezogen. Bei einem Dauerdrucklöscher bedurfte es lediglich ein sanftes Niederdrücken des Druckhebels und schon war alles weiß... oder blau oder rosa - je nachdem, welche Pulversorte benutzt worden ist. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wurde bei GLORIA der Druckhebel ab 1972 auf die Hälfte der Länge des Tragegriffs reduziert, sodass er bequem mit dem Daumen bedient werden konnte. Vor allem "schwächere" Personen und auch Kinder konnten solch einen Löscher mühelos bedienen.

Hohe Störanfälligkeit
Die berühmte zweite Seite der Medaille gibts natürlich auch bei den günstigen und leicht zu handhabenden Dauerdrucklöschern. Bei Dauerdrucklöschern befinden sich Lösch- und Treibmittel in einem Behälter, wodurch insbesondere bei den häufig vertretenen Pulverlöschern das Löschmittel durch die dauernde Druckbeaufschlagung von rund 15 bar extrem verdichtet wird. Das führt dann dazu, dass der Löscher im Einsatzfall weniger Pulver ausstößt, als er eigentlich könnte und sollte. Weiterhin muss bei dieser Konstruktion eine wesentlich größere Fläche abgedichtet werden, weshalb auch Dauerdrucklöscher der neuesten Generation häufig unter einem schleichendem Druckverlust leiden. Zu guter Letzt erreichen auch die Instandhaltungskosten ungeahnte Höhen, wenn eine Behälterinnenkontrolle bzw. eine BSV ansteht. Hierfür muss der Feuerlöscher komplett Druckentlastet werden, was mehrere Stunden in Anspruch nimmt und vom Kundendienst vor Ort nicht durchgeführt werden kann. Eine neue Ladung Stickstoff zur erneuten Druckbeaufschlagung kostet auch Geld und die Abdichtung geht in manchen Fällen mit erheblichen Problemen einher.
In Anbetracht dessen sind Dauerdrucklöscher für eine gewerbliche Nutzung trotz des vermeintlich günstigen Anschaffungspreises nicht rentabel und auch Privatleute sollten bei der Anschaffung etwas tiefer in die Tasche greifen, und einen Aufladelöscher kaufen. Bei einem solchen sind die Wartungskosten überschau- und auch kalkulierbar, wohingegen Dauerdrucklöscher bei jeder Instandhaltung finanziell für böse Überraschungen sorgen können. Zudem sei gesagt, dass in Dauerdrucklöschern wesentlich weniger effektive Pulver- und Schaummischungen zum Einsatz kommen, als in qualitativ hochwertigen Aufladelöschern - irgendwo muss der günstige Preis ja herkommen.


©. Menzel 2015

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